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Zwischen Fachwerkhäusern und Königsgräbern

Seit knapp zwei Jahren sind wir Mitglieder im Obst- und Gartenbauverein unserer Gemeinde. Das mag etwas angestaubt und veraltet klingen, ist es aber mitnichten! Klar ist der Alterschnitt der Mitglieder locker über 55, aber trotzdem sind wir ein frischer Verein, der in letzter Zeit auch durch viele jüngere Mitglieder eine kleine Verjüngungskur erlebt. Seit November letzten Jahres bin ich, AIKA, sogar im Vorstand.

Als Beisitzerin, als Pressetante, als Bilderschießerin, als Facebook-Seiten-Betreuerin und ich hebe als Mädchen den weiblichen Anteil im Vorstand somit auf Zwei. Jedes Jahr macht der OGV eine Klassen-…  äääh Vereinsfahrt. Dieses Jahr gings mit der ganzen Truppe nach Quedlinburg im schönen Harz. Logisch, da simmer dabei, das lassen wir uns doch nicht entgehen. Und es war große Klasse. Gebloggt habe ich das auch – naja irgendwie anders – ich habe einen Pressebericht dazu verfasst, den ich hier einfach mal anfüge. Ein paar Bilder pack ich auch noch dazu. Ist zwar nicht wie sonst, aber die Worte stammen ja trotzdem aus meinem Kopf und Fingern.

Der OGV auf den Spuren von Familie Dippe und König Heinrich

Die UNESCO-Kulturerbe-Stadt Quedlinburg im Harz war das Ziel unserer diesjährigen Vereinsfahrt und die verfügbaren 50 Plätze waren sehr schnell vergeben. Am vorletzten Juni-Samstag startete die Gruppe mit Sonnenschein im Gepäck in Richtung Nordharz. Das Busunternehmen Susen-Reisen freute sich, auch in diesem Jahr wieder die Fahrt übernehmen zu dürfen und schickte sogar den gleichen Busfahrer wie schon auf vergangenen Reisen. Unterwegs hielten wir an einer Raststätte, um ein kleines Frühstück einzunehmen. Wie von Zauberhand standen da auf einmal weißbetuchte Tische, die sich unter einem Schlemmerfrühstück bogen, inklusive frisch gekochtem Kaffee.

Gut gestärkt kamen wir gegen Mittag in Quedlinburg an, machten uns kurz frisch und wurden auch schon abgeholt von zwei gutgelauten Stadtführern. In zwei Gruppen getrennt machten wir uns zu Fuß auf den Weg zum Mittagstisch. Unterwegs bekamen wir sehr viel Wissenswertes über die Stadt Quedlinburg erzählt. Die Reiseführer gingen auf die Besonderheiten der ungefähr 1200 Fachwerkhäuser in der Neu- und Altstadt ein, erklärten die Entstehung der Stadt selbst. Wir hörten, dass die Stadt fast eintausend Jahre lang von Frauen aus dem Hochadel regiert wurde, bekamen das Geburtshaus der nachweislich ersten promovierten Doktorin Deutschland gezeigt und ihre Geschiche erzählt. Wir schlenderten weiter über Plätze, vorbei an Kirchen und durch enge Gassen, erfuhren, dass reiner Geldmangel die uralte Innenstadt davor bewahrte, zu DDR-Zeiten abgerissen zu werden und standen kurz darauf vor dem ältesten Fachwerkhaus Deutschlands. Um die Ecke endete der erste Teil der Stadtführung, denn wir waren an der Brauerei angelangt, in welcher ein deftiges Mittagessen für uns bestellt war. Inklusive einem Glas „Pubarschknall“. Diesen merkwürdigen Namen bekam das 1%ige-Malz-Bier, weil es zu früheren Zeit heftiges Bauchweh verursachen konnte, wenn man es vor Reifeabschluss trank. Heute ist es ein Verkaufsschlager, bekam uns allen gut und erfrischte bei den sehr hohen Temperaturen.

Nach unserer Mittagspause trennten wir uns erneut in zwei Gruppen und nahmen den Rest der Stadt genauer unter die Lupe. An dieser Stelle möchten wir gerne unsern Stadtführer Herr Meie hervorheben. Er erzählte und führte extrem lebendig, ungekünstelt, gut gelaunt und bemühte sich, sein unfassbares Wissen an uns weiter zu reichen. Nahezu jede Frage konnte er beantworten und war dabei immer namens- und jahreszahlensicher. Vielen herzlichen Dank.

Im zweiten Teil erfuhren wir – vor einem ihrer Häuser stehend – die Geschichte der Familie Dippe, die mit Samenzucht in Quedlinburg zu einem Weltimperium heranwuchs und sogar geadelt wurde. Ihr hat die Stadt sehr viel zu verdanken. Viele Gebäude zeugen noch heute von der Macht, die dieses Unternehmen bis zum zweiten Weltkrieg hatte. Überhaupt ist die Samenzucht noch heute ein Bestandteil der Stadt. Quedlinburg beherbergt heute das Julius-Kühn-Institut, ein Bundesforschungsinstitut für Kulturpflanzen. Auf den Felder außerhalb kann man auch viele Versuchsanpflanzungen sehen.

Je höher wir stiegen, um so historischer wurde der Rundgang. Wir liefen durch die Finkenherd-Gasse, die Stelle, an welcher dem Sachsenherzog Heinrich die deutsche Königskrone angeboten sein soll. Ein sagenumwogender aber auch geschichtsträchtiger Ort, wie überhaupt alles in der Altstadt. Der Schlossberg mit seiner schon von weiten sichtbaren Stiftskirche war unser nächstes Ziel. Von hier oben hat man eine traumhafte Aussicht auf die Stadt bis weit in den Harz hinein und in der Ferne sahen wir sogar „Vater“ Brocken. Hier oben erzählte uns Herr Meie viel über die Klöster und andere alte Gebäude in naher Umgebung und welche Bedeutung sie in der Stadtgeschichte haben. Am Hang des Schlossberges findet sich auch ein kleines Weingebiet. Das ist allerdings nur ein Weinhügel, kein -berg. Denn ein Weinberg ist es laut EU erst ab 100 Stöcken, den man nur dann bauen darf, wenn woanders einer geschlossen wird. Hier mit nur 99 Pflanzen ist es somit nicht Brüssel-genehmigungspflichtig und erlaubt, erzählt Herr Meie mit einem Augenzwinkern. Nach einen kleinen Spaziergang durch den Blumen- und Kräutergarten ginge auch schon wieder abwärts in die Stadt. Nach einem tollen Abendessen im Hotel hatten die Teilnehmer, die Möglichkeit, die Stadt noch einmal auf eigene Faust zu erkunden und das Jazz- und Swing-Festival zu besuchen.

Am Sonntag starten wir nach einem ausgiebigen Frühstück wieder mit Herrn Meie zum ersten Programmpunkt – die Roseburg bei Ballenstedt. Hier hat sich Bernhard Sehring auf dem Gelände der Rudeloffsburg, die dort im Jahre 963 das erste mal erwähnt wurde, einen Traum erfüllt. Im Jahre 1905 begann er, sich hier ein Märchenschloss zu errichten und eine wunderschöne Parkanlage aufzubauen. Wir gingen am Schloss vorbei, denn es ist nicht zu besichtigen, da es sich mittlerweile in Privatbesitz befindet und betraten den Park mit seinen wundervollen kleinen Nebengebäuden und einer wirklich außergewöhnlichen Wasseranlage. Überall im Park sind Kunstwerke ausgestellt, die Herr Sehring auf seinen Europareisen erstand und mitbrachte. Neben all den steinernen Zeitzeugen freuen wir uns als Obst- und Gartenbauer natürlich sehr über den Park und seine tollen Pflanzen und Bäume.

Der zweite und vorletzte Programmpunkt für heute führt uns an das Schloss Ballenstedt. Auch hier glänzt Herr Meie wieder mit seinem phänomenalen Wissen und führt uns gekonnt durch das Schloss, vorbei an der berühmte Büste von Uta vom Naumburger Dom (die aus dem Kreuzworträtsel!) und durch die traumhafte Parkanlage. Hier bestaunten wir unter anderem einen tollen Lindwurm-Springbrunnen und viele liebevoll angelegte Blumengärten, sogar ein Mammutbaum steht hier.

Nach einem Mittagessen wieder über der Stadt Quedlinburg, auf dem Schlossberg, betraten wir nun auch die Stiftskirche selbst. Wir lauschen einem Vortrag über den Werdegang dieses uralten Kirchengemäuers, bestaunten die Grabstätte von Heinrich und Mathilda, das erste Königspaar Deutschlands, dessen Särge hier zu finden sind und bewunderten die hier ausgestellten heiligen Insignien. Anderthalb Stunden später traten wir wieder in die Sonne hinaus und uns blieb nur noch ein letzter Abstieg vom Schlossberg, hinab zu unserem Bus, der uns vier Stunden später müde aber um so viele wunderbare Eindrücke reicher in der Heimat ablieferte. Das Wochenende wurde wieder einmal perfekt organisiert vom 2. Vorsitzenden Harald Brüll. Wir sind uns alle einig, dass dieser Ausflug wunderschön und extrem wissensreich war und freuen uns schon auf den nächsten im Jahr 2018.

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