Dass eine Kreuzfahrt kein Zuckerschlecken ist, wissen wir seit exakt gestern. Nachdem das Schiff gegen 11 Uhr abends im Hafen von Gran Canaria ablegte, waren JAN und ich damit beschäftigt, unseren Mägen irgendwie mitzuteilen, dass das überhaupt nicht schlimm ist und sie sich doch bitte nicht so aufregen sollen. Ab dem Zeitpunkt, an dem wir die Hafenmauer passierten, schwankte der Kahn ziemlich wild. Naja, zumindest empfanden wir das so. Alle anderen MeinSchiffler schauten total unbeeindruckt drein, sind echt nur wir seekrank???
Wir hofften, dass das nur so am Anfang ist und sich gleich – ganz bestimmt – wieder legt. Pustekuchen, nix. Das ist das ganz normale Hin & Her und Hoch & Runter eines Kreuzfahrtschiffs. Nunja, wir versuchten es mit verschiedenen Methoden. Essen. Trinken. Meditieren. Ich stellte fest, wenn man sich nicht so drauf konzentriert, vergeht das flaue Gefühl ein wenig.
Wir legten uns schlafen und ließen uns in die (alp)Träume schunkeln. Am nächsten Morgen, es schaukelte übrigens noch ganz genauso, absolvierten wir unseren gewohnten Morgengang. Mich hob es noch einmal ganz kräftig beim Zähneputzen und wir beschlossen, ganz schnell die Kabine Richtung frische Luft zu verlassen. Oben an Deck gabs erstmal statt nem Kaffee ein Glas Wasser und siehe da, mit dem Blick auf den Horizont beruhigte sich mein Magen. JANs nicht … Was dann folgte, war ein jämmerliche und erbärmliches Schauspiel. Ich war weitestgehend wieder hergestellt, aber mein Gatte versuchte ab dann nur noch, seinen Körper mit kontrolliertem regelmäßigem Atmen am Leben zu erhalten. Er schwankte an meiner Seite von seiner Liege auf Oberdeck zum Essen (nur für mich … hihi) und wieder auf seine Liege zurück. Er schlief die Seekrankheit weg. Glaubte er. Wir versuchten es spät am Abend nochmal mit Essen. JAN saß hungrig und kreidebleich vor seinem Hummer und musste ihn mit Tränen in den Augen wieder zurück gehen lassen, während ich mir genussvoll meine 5 Gänge schmecken ließ. Er hörte aber auch den ganzen Tag nicht auf mich: Seasick-Tabletten besorgen und zum Schiffsdoc!!
„Quatsch, ich muss nur liegen, dann wird’s schon werden“.
Aha! 🙂
Soviel zu unserem wundervollen Seetag, an dem wir eigentlich vorhatten, das Schiff mit all seinen Angeboten und Zerstreuungen zu entdecken. Wir haben nichts davon getan. Ich habe mir ein Buch aus der Schiffsbibliothek geschnappt und davon 180 Seiten gelesen, während ich über den Tag im 30Minuten-Rhythmus meinen Mann anstupste, um zu sehen, ob er noch lebt. Zum Abendessen, wie schon erwähnt (der verschmähte Hummer) bekam JAN von unserem Kellner den Tipp: Tablette an der Rezeption abholen und zusätzlich Essen, Essen, Essen. Der Magen muss was zu tun haben. Die Tablette holten wir noch, aber ich glaube, in seinem Fall wars zu spät. Zumindest für heute … : Gegen 11 Uhr abends legte unser Schiff in Funchal an. Aber das haben wir überhaupt nicht mehr mitbekommen, da wir schon gegen 9 in die Koje gekrochen sind.
Heute morgen sind wir aufgewacht, das Schiff schaukelt nicht mehr und JAN stellt fest, sein Magen auch nicht mehr. YEAH. Er hüpft wie ein junges Reh aus dem Bett, freut sich, dass er noch lebt und kräht, er wolle sofort zum Frühstück! Machen wir auch. Und siehe da, es schmeckt. Nicht nur mir – auch ihm. He’s back! Ganz ganz mutig probiert er zum zweiten Frühstück sogar noch ein Bierchen an der Unverzichtbar und hey, es funktioniert! :))
Wir verlassen das Schiff, um das erstes Ziel unserer Kreuzfahrt zu erkunden. Bis morgen nachmittag werden wir in Funchal liegen und haben die Möglichkeit, die Hauptstadt von Madeira kennen zu lernen. An dieser Stelle muss ich uns mal outen. Wir sind Liebhaber einer unsäglichen Touriaktion: den HopOn-HopOff-Bussen. Egal, wo wir sind, wir nehmen gerne diese Art von Stadtbesichtigung wahr. So bekommt man flink und für kleines Geld einen Überblick über alles und kann sich die Spots rausdeuten, die man später besichtigen möchte.
Genauso auch hier: Wir entscheiden uns für die rote „Oridschinäl“ Tour und lassen uns durch Funchal kutschieren. Funchal selbst ist traumhaft schön. Eine wundervolle Stadt, die zu Fuß erkundet, nur etwas für absolute Sportskanonen sein kann – dermaßen steil habe ich schon lange keine Stadt mehr gesehen. Unser kleiner roter Doppeldecker schnauft sich Berge hinauf und Hügel hinab und wir sind froh, auf unsren Hinterteilen zu sitzen und die kleinen Gässchen mit ihren wunderschönen Häuser aus dieser Perspektive zu betrachten.
Wir schlendern über den Weihnachtsmarkt, der irgendwie merkwürdig anmutet bei diesen Temperaturen, verkosten madeirische Spezialitäten und verbringen danach ein spätes Mittagspäuschen in der Brewery am Hafen, wo wir Teddy kennen lernen, einen Briten aus Yorkshire. Mit ihm unterhalten wir uns über Kreuzfahrten, deutsches Bier, Silvester auf Madeira und auch über die aktuelle Politik in Deutschland und England. Danke für dieses wundervolle und teilweise auch sehr aufwühlende Gespräch. Alles Gute für dich, Teddy.
Wir ziehen noch einmal los, um auf den Monte hoch oben über Funchal zu fahren. Es geht bestimmt zwanzig Minuten steil hoch, durch enge Gässchen und Sträßchen, bis uns der Bus ganz oben auf dem Berg auskippt. Hier besichtigen wir die Bergkirche, welche wirklich ganz toll ist, um dann den letzten Bus wieder bergab zu erwischen, der uns unten am Schiff rauswirft. Auf dem Weg zur MeinSchiff erklimmen wir noch eine kleine Festung, die an den Klippen am Hafen steht, um die letzten Zipfel der glutrot untergehenden Sonne zu sehen. Was für ein schöner Augenblick.
Auf dem Schiff zurück schreibe ich nun diesen Blogeintrag, nachdem wir wiedermal ein exzellentes 5-Gänge-Menü gefuttert haben. Aldin, „unser Kellner“, hat uns den Tipp gegeben, noch einmal nach Funchal reinzugehen, denn abends dreht der Weihnachtsmarkt so richtig auf. Und genau das werden wir auch jetzt tun.
JAN ist wieder vollständig hergestellt, naja, solange der Dampfer ruhig im Hafen liegt. Für die nächste Fahrt haben wir jetzt vorgesorgt und uns heute mit Seasick-Tabletten eingedeckt …
Auch wenn Seekrankheit ein echt blödes Ding ist – KREUZFAHREN FETZT!